Ein Schüler/innen-Bericht von Linus Bailey und Sahra Ghafari (9c)

 

Ethik-Ausflug nach Frankfurt

Am 26. Januar 2025 begaben wir, ein Ethikkurs der 9. Jahrgangsstufe, uns auf eine besondere Exkursion nach Frankfurt. Da wir uns zuvor mit dem Thema abrahamitische Religionen beschäftigt hatten, beschlossen wir, die verschiedenen Gotteshäuser von Judentum, Christentum und Islam zu besuchen. Der Besuch einer Moschee steht jedoch zu einem anderen Zeitraum auf dem Plan, um den Ausflug nicht zu sehr zu füllen. Begleitet von Frau Vaillant und Herrn Beuth führte uns unser Weg zuerst zur orthodoxen Synagoge Westend, einem beeindruckenden Ort des jüdischen Glaubens.

Nach unserer Ankunft in Frankfurt-West nahmen wir die U-Bahn bis zur Station Westend und gingen von dort zur Synagoge. Bereits von außen fiel uns das imposante Gebäude auf, das mit zahlreichen Sicherheitskameras ausgestattet war. Am Eingang wurden wir von einem Mitglied der jüdischen Gemeinde herzlich empfangen, mussten jedoch zunächst eine Sicherheitskontrolle durchlaufen, die vom Sicherheitsdienst der Synagoge durchgeführt wurde.

Eine der ersten Besonderheiten, die uns auffiel, war die Kopfbedeckungspflicht für männliche Besucher. Dies führte direkt zu interessanten Fragen, etwa warum nur Männer eine Kopfbedeckung tragen müssen und Frauen nicht. Geduldig wurden uns die grundlegenden Regeln erklärt und die ersten Fragen beantwortet.

Nach der Einführung durften wir uns in der Synagoge umsehen. Das beeindruckende Bauwerk faszinierte uns mit seiner prachtvollen Architektur. Eine riesige Kuppel überspannte den Gebetsraum, während ein prunkvoller Kronleuchter warmes Licht spendete. Besonders eindrucksvoll war die Rückwand mit dem Aron ha-Kodesch, die mit goldenen und silbernen Mosaiken verziert war und einen großen Davidstern zeigte. Hohe Fenster ließen Tageslicht in den Raum strömen, und eine kunstvoll gestaltete Empore verlieh dem Innenraum zusätzliche Eleganz. Marmorsäulen und filigrane Ornamente verstärkten die erhabene Atmosphäre und machten die Synagoge zu einem einzigartigen spirituellen Ort.

Zunächst beantwortete unser Guide viele allgemeine Fragen über das Judentum. Er erklärte, dass jüdische Frauen deshalb keine Kippa tragen müssen, da sie vor Gott schon eine wichtige Rolle haben, nämlich die Erziehung der Kinder und das Versorgen der Familie. Außerdem klärte er uns über die Verwendung verschiedener Bücher für verschiedene Anlässe auf. 

Anschließend erklärte er uns die wichtigsten Informationen über den jüdischen Alltag.

Gebetet wird morgens und abends, am Schabbat gibt es dafür einen längeren Gottesdienst über Mittag. Für das Beten legt der Mann neben seiner Kippa auch Gebetsriemen (Tefillin) an, die die heiligen Schriften jeweils an seinem Herz und seinem Kopf halten, also sinnbildlich am Herzen und Verstand. Gleichzeitig legt er sich den Gebetsschal (Tallit) um, der durch seine Fransen an den Enden an die Gebote erinnert und gleichzeitig die Nähe zu Gott symbolisiert.

 

 

Da bei der Gründung einer neuen Gemeinde eine Tora benötigt wird und eine beschädigte Tora nicht mehr verwendet werden darf, sondern stattdessen bestattet werden muss, werden auf der ganzen Welt häufig neue Torarollen benötigt. Jede Tora wird von einem sogenannten Sofer in Jerusalem geschrieben. Dabei muss er jedes Schriftzeichen perfekt mit Feder und Tinte zeichnen und darf keine Fehler machen. Sollte er jedoch versehentlich doch etwas falsch machen, muss er je nach Textstelle die Seite oder das gesamte Kapitel neu schreiben. Dadurch dauert das Schreiben einer einzigen Tora über ein Jahr und die Kosten befinden sich im mittleren fünfstelligen Bereich. Damit die Gemeinden diese hohen Kosten jedoch nicht immer übernehmen müssen, spenden oft wohlhabendere Familien, die der Gemeinde angehören, zu besonderen Anlässen eine neue Tora.

Da nur aus der Tora gelesen werden darf, wenn mindestens zehn erwachsene Männer anwesend sind, sind sowieso immer genug Personen da, wenn der Rabbiner nacheinander sieben Männer aufruft, um eine Passage aus der Tora vor der Gemeinde zu lesen. Das Vorlesen aus der Tora ist dabei eine sehr große Ehre, der aber viele nicht gerecht werden könnten, denn es müssen teilweise sehr lange Teile vorgelesen werden. Da jedoch die meisten die schwere hebräische Sprache nicht vollständig beherrschen, dürfen sie stattdessen vortreten und eine besondere Phrase sagen. Der Rabbiner darf dann den Abschnitt an ihrer Stelle vorlesen und sie können sich nach dem Aufsagen einer zweiten Phrase wieder setzen.

Ein Junge wird erwachsen, wenn er mit dreizehn Jahren seine Bar Mizwa erreicht. Er muss ebenfalls aus der Tora lesen, doch er darf nicht den Trick benutzen, den die anderen benutzen, indem sie stattdessen den Rabbiner lesen lassen. Er muss den bestimmten Text vollständig vorlesen, weshalb er sich mehrere Monate durch Auswendiglernen des häufig 10-15 Minuten langen Textes (in einer für ihn unverständlichen Sprache) vorbereitet.

Mädchen haben mit zwölf Jahren ihre Bat Mizwa, bei der sie eine Rede an die Gemeinde halten.

Nachdem wir nun viel über das Leben der Juden erfahren hatten, ging unser Guide auf die Geschichte des Judentums in Frankfurt ein.

Bevor die Nationalsozialisten die Macht erlangten, gab es in Frankfurt noch zwischen 30.000 und 40.000 Juden, die die damals 46 Synagogen Frankfurts besuchten. Unser Guide erklärte uns, das liege daran, dass strenggläubige Juden am Schabbat, dem jüdischen Feiertag, keinerlei Arbeit verrichten dürfen. Selbst längere Spaziergänge sind somit nicht erlaubt. Damit damals aber trotzdem jeder am Schabbat zur Synagoge gehen konnte, gab es in jedem Stadtteil eine eigene Synagoge, die einen größer, die anderen kleiner. Die Nazis zerstörten jedoch fast jede Synagoge in Frankfurt. Nur eine Synagoge blieb verschont, die Westendsynagoge hier in Frankfurt Westend, die mittlerweile die größte Synagoge Deutschlands ist. Doch sie blieb auch nicht als Synagoge verschont. Da das Frankfurter Westend schon damals eine beliebte Wohngegend war und die Offiziere mit ihren Familien in den Häusern der verschleppten jüdischen Frankfurter leben wollten, beschlossen sie, das Gebäude nicht zu zerstören und damit ihre Häuser zu zerstören, sondern es als Lagerraum zu nutzen. Alle Einrichtungsgegenstände, einschließlich Tora, wurden auf die Straße geworfen und verbrannt. Seine Eltern gehörten zu den wenigen, die Auschwitz überlebten und wieder zurück nach Frankfurt kamen. Damals gab es keinerlei jüdisches Netzwerk, unser Guide konnte also auch nicht auf eine jüdische Schule gehen. Nachdem ein paar wenige Juden zurückgekehrt waren und die Terrorherrschaft der Nationalsozialisten zu Ende war, fing man an, die Synagoge wieder aufzubauen. Das jetzige Aussehen der Synagoge stammt allerdings von einer neueren Renovierung. An den Wänden sind orientalische Verzierungen, die an die Unterdrückung und Versklavung der Juden im alten Ägypten erinnern und mahnen sollen, niemals etwas Derartiges mit einem anderen Volk zu tun. 

Mittlerweile gibt es wieder 6 Synagogen in Frankfurt, doch das ist nicht mit der damaligen Anzahl zu vergleichen.

Zum Abschluss unseres ersten Programmpunkts machten wir gemeinsam ein Gruppenfoto, bevor wir uns auf den Weg zu unserem zweiten Ziel machten.

 

Die Schüler/innen der 9. Klasse mit ihren Lehrkräften S. Vaillant und M. Beuth (vorne, 4. und 5. von links)

 

Nach einem längeren Spaziergang erreichten wir den römisch-katholischen Kaiserdom St. Bartholomäus.  

Dort angekommen, erhielten wir einen Fragebogen zum Dom, der von engagierten Mitschülerinnen und Mitschülern freiwillig erstellt worden war. In kleinen Gruppen von drei bis vier Personen begannen wir, den Dom zu erkunden und die Fragen zu beantworten.  

Im Vergleich zur Synagoge wirkte der Dom eher düster und hatte eine etwas bedrückende Atmosphäre. Gleichzeitig beeindruckte er mit seiner prächtigen Ausstattung, den zahlreichen Wandmalereien und kunstvollen Statuen, die es in der Synagoge nicht gab.  

Nachdem alle ihre Fragebögen vollständig ausgefüllt hatten, wurden diese abgegeben. Anschließend hatten die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, den Tag entspannt ausklingen zu lassen – sei es auf dem Heimweg oder beim gemeinsamen Mittagessen.  

Der Ausflug hat uns viel Freude bereitet und wir konnten viele neue Eindrücke gewinnen. Im Ethikkurs hatten wir uns bereits intensiv mit verschiedenen Religionen beschäftigt. Während das Christentum und der Islam durch einige Schülerinnen und Schüler in unserer Klasse vertreten sind, hatten wir bisher wenig direkten Bezug zum Judentum. Umso wertvoller war es, diese Religion durch eine jüdische Perspektive nähergebracht zu bekommen.  

Insgesamt war es ein lehrreicher und bereichernder Tag, der uns die Vielfalt religiöser Traditionen auf besondere Weise erleben ließ.  

Text verfasst von Linus Bailey (9c) & Sahra Ghafori (9c)

 

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